Brustschmerzen unter TNF-Blocker: Woran denken? | springermedizin.de

2022-10-14 21:52:37 By : Ms. Alice Z

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

Wie wichtig es ist, nach Beginn einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern auf Zeichen einer Lupus-Erkrankung zu achten, zeigt der Fall einer Psoriasispatientin aus Hamburg. Im Vordergrund stand bei ihr zunächst der Verdacht auf einen Herzinfarkt.

Die 57-jährige Frau, die seit Jahren wegen ihrer Psoriasisarthritis in Behandlung war, suchte wegen akuter Thoraxschmerzen Hilfe in der Notaufnahme des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Nach Dr. Katharina Rose, aktuell tätig am Züricher Stadtspital, wies nichts auf einen Myokardinfarkt hin, sowohl die kardiologische Untersuchung als auch Labor und transthorakales Echo waren unauffällig. Fünf Monate später sei die Frau jedoch wieder erschienen, mit atemabhängigen Brustschmerzen, die noch stärker waren als beim ersten Mal und in die Arme ausstrahlten. Auch diesmal war es offenbar kein Herzinfarkt, die Patientin hatte aber Fieber.

Im Labor fiel laut Rose eine ausgeprägte Leukozytose auf, allerdings ohne CRP-Erhöhung und ohne Keimnachweis. Dafür zeigte das EGK eine Sinustachykardie sowie präterminale T-Negativierungen in mehreren Ableitungen. Eine CT-Untersuchung brachte einen zirkulären Perikarderguss zutage. Bei Punktion entleerten sich 300 ml einer serösen Flüssigkeit. Die Autoimmundiagnostik zeigte einen ANA(antinukleäre Antikörper)-Titer von 1:640.

Das Ärzteteam fragte erneut nach Medikamenten, dabei kam heraus, dass die Patientin etwa einen Monat vor Beschwerdebeginn eine neue Substanz zur Behandlung ihrer Psoriasisarthritis erhalten hatte: Certolizumab. In der Fachinfo zu dem TNF-alpha-Blocker wird darauf hingewiesen, dass sich unter der Therapie selten bzw. gelegentlich ein systemischer Lupus erythematodes (SLE) oder eine Perikarditis entwickeln können. Tatsächlich habe die Patientin schon früher Probleme mit TNF-Blockern gehabt, berichtete Rose: Unter Adalimumab habe sich ein primäres Wirkversagen eingestellt, danach habe es der behandelnde Kollege mit Etanercept und dann mit Golimumab versucht. Beide hätten zu signifikant erhöhten Leberwerten geführt.

Auf diese Informationen hin habe man die Therapie mit dem aktuellen TNF-Blocker „direkt beendet“, so Rose. Stattdessen bekam die Patientin hochdosiertes Prednisolon (1 mg/kg KG). Nach Ausschleichen dieser Therapie und vier Wochen Wartezeit wurde auf Ustekinumab umgestellt, worauf der Perikarderguss rückläufig war. Nach insgesamt sieben Monaten war der Test auf ANA negativ und es gab keinen Hinweis für ein Rezidiv.

Fälle von Perikarditiden als Folge einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern sind nach Rose zwar selten, aber: „Schätzungsweise 10% der Lupus-Fälle sind Medikamenten-induziert.“ Dass TNF-Blocker die Bildung von Autoantikörpern induzieren können, sei aus den Zulassungsstudien bekannt. Mit einer Serokonversionsrate von 75% handle es sich um ein häufiges Phänomen, auch wenn SLE-Fälle in dieser Konstellation sehr selten seien. Wichtig zu wissen ist der Rheumatologin zufolge, dass der Drug-induced Lupus (DIL) auch noch nach bis zu 75 Monaten auftreten kann. Hinweise sind nach Rose (neben entsprechender Exposition)

Für den Verdachtsfall empfahl Rose, sich an die Leitlinie der British Society for Rheumatology zum „Anti-TNF-alpha-induzierten Lupus (ATIL)“ zu halten. Neben der sofortigen Beendigung der TNF-Inhibitor-Therapie sieht das Expertengremium folgende Maßnahmen vor (je nach Symptomatik):

Basierend auf: Vortrag von Katharina Rose, 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, Berlin/online, 31.08.–03.09.2022

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